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ScreenSYS GmbH

Wissenschaftliches Portrait

Unsere Technologie

Zellen sind die Grundeinheiten des Lebens. Pflanzenzellen sind etwas speziell, weil sie – spontaner als tierische Zellen – aus einer einzelnen Zelle den gesamten Organismus hervorbringen können. Im Grunde geschieht dies, wenn Reben aus Steckhölzern vermehrt werden. Bestimmte Zellen des Sprosses können sich unter geeigneten Bedingungen in Wurzelgewebe umprogrammieren, während andere Zellen neue Sprosse bilden. Diese Fähigkeit wird als „Totipotenz“ pflanzlicher Zellen bezeichnet. Aber auch, wenn man keinen neuen Organismus aus einzelnen Zellen hervorbringen will, gelingt es, Zellen in lebendiger Form zu isolieren - etwa aus Blättern - um daran Untersuchungen durchzuführen, die etwas über die ganze Pflanze aussagen.

ScreenSYS GmbH ist ein Unternehmen der grünen Biotechnologie, das sich auf die Herstellung von Pflanzen aus einzelnen Zellen spezialisiert hat und bietet innovative Lösungen für die klonale Vermehrung von Pflanzen an, vor allem für Arten, die sich hier gewöhnlich sperren. Hierfür wird eine automatisierte, KI-getriebene Plattform genutzt, um die natürlich vorhandene Totipotenz zu nutzen, um aus einzelnen Pflanzenzellen vollständige Pflanzen hervorzubringen.

Besonders interessant ist dies bei Pollenzellen, sogenannten Mikrosporen, weil damit doppelhaploide Pflanzen erzeugt werden können, ein wertvolles Ausgangsmaterial für die Züchtung. Über klassische Kreuzung lässt sich das nicht oder nur durch mühselige, jahrelange Arbeit, erreichen.

Diese Technologie basiert auf Pionierforschung, die an der Universität Freiburg, im Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie und dem Zentrum für Systembiologie unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Palme durchgeführt wurde. ScreenSYS hat ausserdem zahlreiche weitere Lösungen für die Handhabung von pflanzlichen Einzelzellen im Hochdurchsatz entwickelt und dabei mit zahlreichen Partnern aus Industrie und universitärer Forschung zusammengearbeitet, um innovative Ansätze zu entwickeln, mit denen man den Phänotyp von Pflanzenzellen voraussagen kann, womit für mehrere wichtige Nutzpflanzen neue chemische Regulatoren gefunden werden konnten.


Unser Beitrag für Kliwiresse

Gemeinsam mit dem KIT wird ScreenSYS GmbH untersuchen, inwiefern man Unterschiede von Rebsorten in der Toleranz gegenüber osmotischem Stress und Hitze auf der Ebene einzelner Zellen wiederfinden kann. Das System basiert auf Pflanzenzellen, denen über eine enzymatische Behandlung die Zellwand entfernt wurde. An diesen sogenannten Protoplasten werden dann Merkmale wie die Lebensfähigkeit und Wasserdurchlässigkeit in Antwort auf verschiedene Stressbehandlungen über automatisierte Mikroskope erhoben. Nachdem das System mithilfe eines Paars von Rebgenotypen, die sich hinsichtlich ihrer Osmotoleranz unterscheiden, geeicht wurde, wird die am KIT etablierte Wildrebensammlung untersucht. Parallel dazu werden auf der Grundlage von Genkandidaten, die in vorausgegangenen Untersuchungen als vielversprechend identifiziert wurden, die entsprechenden Rebindividuen mithilfe der KIT-Genomdatenbank ausgewählt und ebenfalls untersucht. Der KliWiResse-Partner IBMP wird dabei die extrahierten Metaboliten näher untersuchen.

Ein weiteres Unterprojekt von KliWiResse etabliert ein Verfahren, um aus Mikrosporen der Weinrebe Doppelhaploide zu bekommen. Das Ausgangsmaterial dafür stammt von Partner JKI und dem assoziierten Partner WBI. Da Reben vegetativ (also über Steckhölzer) vermehrt werden, sind mütterliche und väterliche Gene in aller Regel verschieden, was die Züchtungsarbeit extrem erschwert und in die Länge zieht. Hingegen sind bei Doppelhaploiden väterliche und mütterliche Gene identisch, was die Züchtung neuer Sorten mit besseren Eigenschaften stark beschleunigt. Die im Rahmen von KliWiResse erzeugten Doppelhaploiden werden dann hinsichtlich ihrer molekularen (KIT-BOT) und metabolischen (IBMP) Stressantworten charakterisiert. Jedoch wird diese neue Methode über die Erzeugung von KliWi Reben hinaus für die Rebzüchtung eine wichtige Errungenschaft sein.


Bisherige Ergebnisse

Die Einzelzelle im Fokus
Weinreben antworten auf Hitzestress auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Während die Reaktionen von ganzen Organen, wie das Schließen der Stomata von anderen Partnern innerhalb von KliWiResse untersucht wird, konzentrieren wir uns auf zelluläre Mechanismen, wie eine erhöhte Hitzestabilität von Proteinen. An der ganzen Pflanze lassen sich solche zellulären Mechanismen nur schwer untersuchen. Es wäre für die Züchtung jedoch wichtig, auch Unterschiede in solchen zellulären Resilienzmechanismen zu erkennen.

Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten wir mit zwei Systemen: einerseits isolieren wir Zellen aus einer Wein-Zellkultur, andererseits aus Weinblättern. Um einzelne Zellen zu erhalten, werden die Zellwände enzymatisch abverdaut (Protoplastierung). Die Zellen sind danach am Leben – allerdings unterschiedlich lange, weil ihnen bestimmte Faktoren fehlen, die im intakten Blatt Wachstum und Teilung ermöglichen. Wir können die zelluläre Lebensdauer dadurch messen, indem wir einige Tausend Zellen nach Zugabe eines Farbstoffes, der nur die lebenden Zellen anfärbt, über mehrere Tage mikroskopisch verfolgen und die Bilder anschliessend computergestützt auswerten. Eine Hitzbehandlung der Zellen nach Isolation beschleunigt das Absterben - dies ist aber unterschiedlich von Genotyp zu Genotyp. Wir konnten nun zeigen, dass diese Unterschiede mit den an intakten Weinreben beobachteten Unterschiede übereinstimmen. Wir können also einen Zusammenhang zwischen der zellulären Resilienz und der Resilienz der ganzen Pflanze herstellen.


In anderen Worten, das Protoplastensystem kann als experimentell zugängliches Modell dienen, an dem wir die Wirkung pflanzlicher Inhaltsstoffe auf die Hitzeresilienz testen, aber auch die Mechanismen für die Wahrnehmung und Verarbeitung von Hitzestress untersuchen können.

Die Regenerationsfähigkeit von Pflanzen nutzen
Die bei ScreenSYS etablierten mikroskopischen Systeme und Mixturen erlauben es, haploide Vorläuferzellen von Pollen zur Teilung und letztendlich zur Bildung eines (unbefruchteten) Embryo zu bewegen, den man später über einen Trick dazu bringt, seine Gene zu verdoppeln. Auf diese Weise erhält man Pflanzen, bei denen alle Gene homozygot vorliegen. Diese Doppelhaploidisierung wird nun für Weinreben entwickelt. Zunächst musste das richtige zelluläre Entwicklungsstadium und das richtige Kulturmedium gefunden werden. Diese Schritte konnten mit Blütenmaterial aus der letzten Vegetationsperiode abgeschlossen werden. Mit den Blüten aus der aktuellen Blütezeit testen wir nun die Wirkung pflanzlicher Wachstumsfaktoren und firmeneigener Chemikalien, um so die Einzelzellen zur Zellteilung anzuregen. Sobald die Bildung von multizellulären Strukturen aus einer Einzelzelle erreicht ist, wird in einem nachgelagerten Schritt die Ausbildung von Sprossen und Wurzeln geplant.



Aktuelle Veröffentlichungen mit Bezug zum Projekt

Dawson J, Pandey S, Yu Q, Schaub P, Wüst F, Moradi AB, Dovzhenko O, Palme K, Welsch R (2022) Determination of protoplast growth properties using quantitative single-cell tracking analysis. Plant Methods 2022 181 18: 1–15

Falk T, Mai D, Bensch R, Çiçek Ö, Abdulkadir A, Marrakchi Y, Böhm A, Deubner J, Jäckel Z, Seiwald K, et al (2018) U-Net: deep learning for cell counting, detection, and morphometry. Nature Methods 16: 67–70

Middleton AM, Dal Bosco C, Chlap P, Bensch R, Harz H, Ren F, Bergmann S, Wend S, Weber W, Hayashi K-I, et al (2018) Data-Driven Modeling of Intracellular Auxin Fluxes Indicates a Dominant Role of the ER in Controlling Nuclear Auxin Uptake. Cell Rep 22: 3044–3057

Pandey S, Moradi AB, Dovzhenko O, Touraev A, Palme K, Welsch R (2022) Molecular Control of Sporophyte-Gametophyte Ontogeny and Transition in Plants. Front Plant Sci 0: 3358

Welsch R, Touraev A, Palme K (2021) Small molecules mediate cellular reprogramming across two kingdoms. J Exp Bot 72: 7645–7647

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