FiBL Schweiz Frick
Wissenschaftliches Portrait
Das FiBL Schweiz befasst sich mit einer Vielzahl von Themen rund um den ökologischen Landbau. Die Forschungsthemen reichen vom natürlichen Pflanzenschutz über die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, die Lebensmittelqualität, die artgerechte Tierhaltung und die alternative Tiermedizin bis hin zu Fragen der Agrarpolitik und der Marktwirtschaft.
Die Forschung am FiBL Schweiz ist in vier Fachabteilungen unterteilt, die sich auf bestimmte Themenbereiche konzentrieren. Neben den Forschungsabteilungen gibt es auch eine Fachabteilung, die für die Ausbildung, Beratung, Kommunikation, sowie eine Fachabteilung für internationale Zusammenarbeit.
Unsere Forschung für die Pflanzengesundheit
Die Abteilung für Pflanzenwissenschaften verfügt über langjährige Erfahrung in der grundlegenden und angewandten Forschung und Entwicklung (F&E) und der Umsetzung der Ergebnisse zur Verbesserung des ökologischen Anbaus von Obst, Wein, Gemüse und Feldfrüchten. Unsere Hauptziele sind sichere Erträge und Lebensmittelqualität sowie die Förderung der Biodiversität, der bestäubenden Insekten, der natürlichen Schädlingsregulierung und der Bodenfruchtbarkeit, aber auch der Schutz der Umwelt und natürlichen Ressourcen. Für all dies nutzen wir vorbeugende agronomische Techniken, Sortenvielfalt, modernste Pflanzenschutzstrategien und die proaktive Förderung der funktionalen Biodiversität. Unsere F&E-Aktivitäten verbinden die wichtigsten Akteure der Wertschöpfungskette - von den Landwirten bis zur Vermarktung.
Unsere Ziele sind:
- Die Sicherung von Produktivität und Qualität in der ökologischen Pflanzenproduktion.
- Partizipative Sortenauswahl und -prüfung sowie die Sicherung der Sortenvielfalt von Kulturpflanzen.
- Die Entwicklung und Anwendung wirksamer Methoden des Pflanzenschutzes.
- Die gezielte Förderung der Biodiversität zur Verminderung von Schadorganismen.
- Die Förderung der Biodiversität auf Biohöfen und in Landschaften.
- Die Beurteilung von Betriebsmitteln und Techniken für den ökologischen Landbau.
Unser Beitrag für Kliwiresse
Unsere moderne Infrastruktur mit Laboren, Klimakammern, Gewächshäusern und Einrichtungen für die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln (Outdoorscreening-Anlagen) ermöglicht es uns, die von KliwiResse ausgewählten Kultivare mit Biokontrollprodukten zu testen, die die Widerstandsfähigkeit dieser Rebsorten gegenüber Temperaturschocks bemerkenswert verbessern können.
Darüber hinaus bauen wir seit 25 Jahren PIWI-Reben (robuste Rebsorten) an mit sehr tiefem ökologischen Fussabdruck, die mit zwei bis fünf Behandlungen gegen Pilzkrankheiten pro Jahr auskommen. Diese Rebsorten, die von unserem Weingut erfolgreich vermarktet werden, werden auch wegen ihrer hohen organoleptischen Qualität geschätzt.
In diesem Zusammenhang haben wir das Projekt InnoPIWI entwickelt, in dessen Rahmen eine Sammlung der 40 besten PIWI-Sorten und Sortenkandidaten, die neu aus der europäischen Sortenzüchtung hervorgegangen sind, auf ihre Qualität, ihre önologischen und agronomischen Eigenschaften ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen sowie extremen Klimastress getestet werden. Wir haben auch die Möglichkeit, Makro- und Mikrovinifikationen von Trauben der KliWiReSSE -Partner durchzuführen und die önologischen und sensorischen Eigenschaften zu bewerten. Schließlich sind wir in der Lage, Verbrauchertests durchzuführen. Dies um herauszufinden welche Weine der neuen Sorten-Kandidaten, die durch die KliWiReSSE-Forschung gewonnen werden, am Markt nachgefragt und somit wirtschaftlich angebaut werden können.
Bisherige Ergebnisse
Wie sind wir vorgegangen?
Die schnelle Veränderung des Klimas stellt den Weinsektor vor grosse Herausforderungen. Zum einen kommen beliebte klassische Vitis vinifera-Sorten wie auch einige PIWIs an den Rand ihrer Toleranz, zum anderen ist es schwierig für Winzer zu entscheiden, welche Reben sie in Zukunft pflanzen sollen. Diese Entscheidung ist umso schwerer, da sie aufgrund der langen Kulturdauer von Weinreben langfristige Konsequenzen hat. Unser Beitrag in diesem Projekt ist von der Frage motiviert, ob man den Winzern Produkte an die Hand geben kann, die im akuten Fall Stickstoffakkumulation in der Pflanze mindern können und parallel dazu in den Trauben den Zuckergehalt und damit den Alkoholgehalt begrenzen können. Weine mit zu hohem Alkoholgehalt werden von den Verbrauchern zunehmend gemieden und tragen zur Bevorzugung von Getränken wie Bier, Apfelwein oder Alko-Pops bei. Hierbei können wir unsere Untersuchungen unter realen Feldbedingungen durchführen. In der letzten Projektphase möchte wir dann mit Versuchen unter kontrollierten Bedingungen in Klimakammern einen Einblick in den potentiellen Wirkmechanismus bekommen.
Unser Werkzeugkasten
Wir untersuchen im Weinberg verschiedene Sorten (Pinot noir, Sauvignon Soyhières, Divico) im Hinblick auf ihre veränderte Physiologie, Ertrag und Pathogenanfälligkeit bei Behandlung mit dem Pflanzenstärkungsmittel FertiRoc, einem Alumosilikat. Im Feldversuch mit der Sorte Pinot noir wendeten wir FertiRoc zu vier Zeitpunkten während des Vegetationsverlaufs an und konnten in der Hitzesaison 2023 positive Auswirkungen auf die Weinreben anhand mehrerer Faktoren feststellen. So konnten wir bei behandelten Pflanzen zum Beispiel einen höheren Chlorophyllgehalt und eine größere Menge bestimmter Makro- und Mikroelemente in Blättern und Beeren messen.
Gleichzeitig konnte in der FertiRoc-Behandlung gegenüber der nicht behandelten Kontrolle eine verbesserte Weinqualität erzielt werden, mit vorteilhaften Gehalten in Säure (Apfel- und Weinsäure) und Aminosäuren.
Aufgrund des positiven Verlaufs dieses Versuchs wurde er in der Saison 2024 auf die beiden Piwi-Sorten Sauvignon Soyhières und Divico ausgeweitet. Da das Jahr deutlich feuchter und kühler war als 2023, erwarten wir keine direkte Vergleichbarkeit hinsichtlich des Trocken- und Hitzestress mit dem Vorjahr, planen aber eine Wiederholung in 2025. Dann möchten wir zudem Versuche in Topfreben unter kontrollierten Bedingungen durchführen, um mithilfe physiologischer Messungen und molekularer Untersuchungen Einblick in den Wirkungsmechanismus zu bekommen.
Wie entsteht Hitzetoleranz?
Hinsichtlich des Wirkungsmechanismus von FertiRoc haben wir noch keine präzisen Daten vorliegen. Wir möchten aber im nächsten Jahr mit Hilfe von Metabolit- und Transkriptanalysen untersuchen, welche Stoffwechselwege in der Pflanze von FertiRoc beeinflusst werden. Andere Arbeiten zeigen, dass im Boden die Aktivität von Kohlenstoff- und Stickstoff-zersetzenden Enzymen aktiviert wird, was die Versorgung mit Nährstoffen deutlich verbessert. Wir vermuten zudem einen positiven physikalischen Effekt von FertiRoc aufgrund der äusserlichen, weissen Beschichtung mit der Verbindung. Möglicherweise kann es, wenn nach Blattapplikation in den Boden gelangt, dort zusätzlich als Ionentauscher wirken und mögliche Bodenbelastungen reduzieren.